Wählen soll einfacher werden: Der Zürcher Kantonsrat nimmt eine sanfte Demokratiereform vor, die für Diskussionen sorgte.
Das Problem hat wohl jede und jeder Stimmberechtigte im Kanton Zürich schon mal erlebt: Vor einem liegt der Wahlzettel mit den leeren Linien. Nun gilt es, die Namen der Kandidierenden hin zu schreiben, die den Kanton oder die Gemeinde in den kommenden vier Jahren regieren sollen. Wie hiessen sie schon wieder? Die Hirnzellen rattern, der eine oder andere Name fällt einem ein, doch noch immer sind einige Linien leer.
Jetzt will der Kantonsrat Abhilfe schaffen: Schon bei den Regierungsratswahlen im kommenden Februar soll das Wahlcouvert einen Beipackzettel enthalten mit den Namen der gemeldeten Kandidatinnen und Kandidaten. Bei den Majorzwahlen auf Gemeinde- und Bezirksebene soll dies fortan ebenfalls Vorschrift sein. Eine entsprechende Revision des Gesetzes über die politischen Rechte hat der Kantonsrat am Montag mit grosser Mehrheit gutgeheissen.
Lediglich die SVP hatte Einwände: «Gerade in kleineren und mittleren Gemeinden ist dies nicht notwendig und schafft nur zusätzliche Kosten», sagte Christina Zurfluh (SVP, Wädenswil). Ausserdem schwäche das Beiblatt die etablierten Parteien und begünstige parteilose Kandidierende. Zurfluh kündigte an, die SVP werde deswegen die Gesetzesrevision bei der Schlussabstimmung in einigen Wochen ablehnen. Doch die Mehrheit ist anderer Meinung:
«Das Beiblatt wird das Ausfüllen des Wahlzettels wesentlich vereinfachen»,
sagte Nicola Yuste (SP, Zürich). Es vereinfache die Suche nach Informationen über die Kandidierenden, fügte Sonja Gehrig (GLP, Urdorf) an. Allerdings müsse klar gekennzeichnet werden, dass man das Beiblatt nicht als Wahlzettel in die Urne werfen dürfe, betonte Silvia Rigoni (Grüne, Zürich). Die Namen der Kandidierenden gelte es dann schon noch abzuschreiben. Mit 121:44 Stimmen sprach sich der Rat für die Neuerung aus.
Umstritten war auch, in welcher Reihenfolge die Namen der Kandidierenden auf dem Beiblatt stehen müssten. Die Mehrheit, in diesem Fall bestehend aus SVP, FDP und GLP, entschied: Zuerst kommen die Namen der Bisherigen in alphabetischer Reihenfolge, dann jene der neu Antretenden, ebenfalls alphabetisch angeordnet. Ein Antrag der AL, die Bisherige und neu Kandidierende durchmischt auf dem Zettel haben wollte, scheiterte knapp.
Für Diskussionen sorgte im Zuge der Wahlrechtsreform auch die Vergabe der Listennummern an die Parteien bei Parlamentswahlen. Massgeblich soll bei Kantonsratswahlen künftig die Zahl der bei den letzten Wahlen errungenen Stimmen sein – und nicht mehr die aktuelle Sitzstärke im Rat. Anders gesagt: Die Partei, die zuletzt am meisten Stimmen erhalten hat, bekommt Listennummer 1, entsprechend geht es der Reihe nach weiter.
So will der Kantonsrat das Problem umschiffen, dass bisweilen einzelne Parlamentarierinnen und Parlamentarier im Laufe einer Legislaturperiode die Partei wechseln. Neu antretenden Parteien wird die Listennummer zugelost.
Analog soll es bei Nationalratswahlen laufen; wobei Parteien wie die AL, die im Kantonsrat, bisher aber nicht im Nationalrat vertreten ist, eine tiefere Listennummer als die neu antretenden Parteien erhalten.
Weiter entschied der Kantonsrat in der Debatte zum Gesetz über die politischen Rechte, dass der Regierungsrat kantonale Abstimmungsvorlagen «möglichst bald» dem Volk zum Beschluss unterbreiten muss. Bislang galt eine Frist von maximal sieben Monaten, was sich manchmal aus organisatorischen Gründen als knapp erwies. Wobei Regierungspräsidentin Jacqueline Fehr (SP) betonte, die geplante Neuerung sei kein Freipass für Verzögerungsspielchen: «Möglichst bald heisst möglichst bald», so Fehr.