Neben Stefanus Bertsch (SP) möchte nun auch Lisa Roth, parteiunabhängig, das Gemeindepräsidium von Trogen für sich beanspruchen. Ihre Kandidatur kommt kurzfristig. Das hat einen guten Grund.
Grosse Überraschung in Trogen. Am letzten Tag vor Ablauf der Frist für die Einreichung der nichtamtlichen Stimmzettel ging eine weitere Kandidatur für das frei werdende Gemeindepräsidium ein: Lisa Roth, Inhaberin einer Künstleragentur, will den Sitz für sich beanspruchen. GPK-Präsident Stefanus Bertsch (SP) hat bereits vergangenen November bekannt gegeben, dass er die Nachfolge von Dorothea Altherr antreten möchte. Jene hatte ihren Rücktritt auf Ende Mai angekündigt.
Lange sah es aus, als könnte er sich konkurrenzlos der Wahl stellen. Doch mit Lisa Roth hat sich das nun geändert. Einen Wahlkampf hat sie eingeläutet; vor wenigen Tagen wurde ihre Website aufgeschaltet, Flyer wurden gedruckt sowie Termine bekannt gegeben, an welchen sie mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen will.
Ein rasanter Start. So rasant, dass sie anfangs einen Moment brauchte, um zu realisieren, dass sie jetzt als Kandidatin gilt. «Als die Frist abzulaufen drohte, musste alles schnell gehen. Innert 24 Stunden fiel die definitive Entscheidung. Ich bin über Nacht sozusagen von der weibelnden Bürgerin zur Kandidatin geworden.» Doch ein Schnellschuss sei die Kandidatur nicht gewesen.
Rückblick: Vergangenen Herbst präsentierte der Gemeinderat einen Voranschlag, der ein Defizit von 570 000 Franken vorsah. «Ich war sehr besorgt, als ich das las», so Roth. Die Gemeinde ist finanziell schon länger nicht auf Rosen gebettet, die Pro-Kopf-Verschuldung steigt kontinuierlich an. Dass sich die Situation weiter zuspitzte, war Roth ein Dorn im Auge. Zusammen mit weiteren Bürgerinnen und Bürgern verfasste sie ein Flugblatt, welches zu einem Nein gegen den Voranschlag 2023 aufrief. Dieser wurde im November an der Urne dann tatsächlich bachab geschickt.
Zu dieser Zeit kam es auch zu verschiedenen Rücktritten aus dem Gemeinderat. Zwar hatte die SP Kandidatinnen und Kandidaten gestellt, doch zwei Vakanzen blieben. Lisa Roth hatte schon damals mit dem Gedanken gespielt, für das Gemeindepräsidium zu kandidieren.
Doch mit zwei leeren Sitzen im Rat wollte sie die Aufgabe nicht angehen. Also hat sie ihren Angaben zufolge rund 30 Gespräche geführt, bis sich zwei Kandidierende fanden. Die letzte Zusage kam am Donnerstag vor Fristende. «Ich habe immer gesagt, wenn wir ausreichend Gemeinderatsmitglieder finden, stelle ich mich zur Wahl. Und am Freitag habe ich meine Kandidatur bekannt gegeben.»
Die Zeit habe es gebraucht, um valable Kandidatinnen und Kandidaten zu finden, so die Trognerin weiter. Und: Um die Situation innerhalb ihrer Familie zu klären. Lisa Roth ist alleinerziehende Mutter zweier Kinder (neun und zwölf Jahre alt). Um deren Betreuung sicherzustellen, hat ihr Lebenspartner in Aussicht gestellt, in seinem Beruf kürzer zu treten.
«Meine Familie steht hinter mir. Sie unterstützt mich zu 100 Prozent. Und sie weiss, dass ich, wenn ich gewählt würde, Montag bis Freitag täglich für einige Stunden im Gemeindehaus wäre.»
Eine Aussage, die angesichts der für das Gemeindepräsidium veranschlagten 60 Stellenprozente, hoch gegriffen erscheint. Doch Lisa Roth will ansprechbar sein. Immer. Dieser Arbeitseinsatz sei in ihrer Künstleragentur bereits Alltag. Die Agentur will die 42-Jährige überdies weiterbetreiben, die Organisation aber dem politischen Amt anpassen.
«Trogen liegt mir am Herzen», sagt Roth. 13 Jahre lebt sie bereits in der Gemeinde, ist in der Kronengesellschaft wie auch bei den Marktfrauen engagiert. «Es ist ein farbiges, lebendiges Dorf. Und ich will meinen Teil dazu beitragen, dass es das bleibt.» Die Kompetenzen habe sie hierfür, ist sich Roth sicher.
Sie weiss, was sie will, wirkt durchsetzungsstark. Seit über zehn Jahren führt sie ihr eigenes Unternehmen, war lange im Stiftungsrat der Ausserrhodischen Kulturstiftung für die Finanzen verantwortlich und ist in verschiedenen nationalen Gremien wie der Jury der «Swiss Comedy Awards» sowie dem «Swiss Comedy SRF 3 Young Talent Award» aktiv.
Unterstützt wird ihre Kandidatur von einem vierköpfigen Wahlkomitee, da sich nach Bekanntgabe ihrer Ambitionen formierte. Eine Partei hat sie nicht im Rücken. Roth ist parteiunabhängig, bezeichnet sich selbst aber als «liberal mit einer sozialen und ökologischen Verantwortung».
Wohin sich Trogen entwickeln soll, darüber hat sich die Kandidatin schon länger Gedanken gemacht. Sie will das Profil der Mittelländer Gemeinde schärfen. Das sei im Hinblick auf allfällige Fusionen von zentraler Bedeutung, sagt sie.
Erste Amtshandlung würde aber die Klärung der Kompetenzen der Gemeindemitarbeitenden sein. Indem die Rollen und Aufgaben geschärft würden respektive eine Auslegeordnung gemacht werde, könnten sich Synergien besser erkennen lassen. So würden die einzelnen Stellen gestärkt, ist sich Roth sicher.
Anschliessend würden die Problematiken «Wasserleitungen und Finanzen» angegangen. Wie genau sie das bewerkstelligen will, weiss die Trognerin allerdings nicht, da ihr der Einblick in die detaillierten Zahlen noch fehlen. Sie macht aber deutlich, dass sie für pragmatische und zuweilen auch unkonventionelle Lösungen einstehe.
Ein kostendeckender Haushalt müsse das oberste Ziel sein. «Ich komme aus dem Kultursektor. Ich weiss genau, wie man sparen kann», lacht Roth. Ein Budget mit mindestens einer schwarzen Null vorzulegen, erachtet die 42-Jährige als genauso möglich wie notwendig. «Sonst hätte ich dies ja im Flugblatt nicht propagiert», fügt sie an.
Den Weg will sie aber nicht alleine gehen. Trogen habe viele Personen mit Fachwissen und Engagement. Das gelte es, abzuholen. «Wir können die Gemeinde gemeinsam weiterentwickeln.» Roth will Politik im Einklang mit der Bevölkerung betreiben. Die Energie im Dorf soll im Gemeindehaus erlebbar werden.
Am 16. April entscheidet sich, wer an Trogens Spitze gewählt wird. Roth erachtet die Aufgaben, die im Falle der Wahl auf sie warten, als unglaublich spannend. «Trogen braucht jetzt Macher, die die Gemeinde vorwärtsbringen. Und ich wäre dazu bereit.»