Ist jemand mit dem täglichen Leben überfordert, kann eine Berufsbeistandschaft beratend und begleitend zur Seite stehen. Die Berufsbeistandschaft Oberthurgau hat diese Aufgabe jetzt an die Stadt Amriswil abgetreten.
Bisher hat die Berufsbeistandschaft Oberthurgau (BBO) Menschen aus Dozwil, Egnach, Hefenhofen, Kesswil, Salmsach, Sommeri, Uttwil, Altnau, Güttingen und Langrickenbach betreut, welche eine Berufsbeistandschaft brauchten. «Allerdings ist es immer schwieriger geworden, Mitarbeitende für die zu besetzenden Stellen zu finden, weshalb eine Auflösung nicht mehr zu verhindern war», erklärt Priska Rechsteiner, Gemeindepräsidentin von Sommeri und Präsidentin der BBO. An der Delegiertenversammlung vom 21. April 2023 wurde die Auflösung des Vereins einstimmig beschlossen.
Schon vor Jahrzehnten haben sich die oben genannten Gemeinden entschlossen, eine gemeinsame Lösung für die Betreuung ihrer Einwohnerinnen und Einwohner zu finden, die mit den täglichen Herausforderungen selber nicht mehr zurechtkommen und eine Beistandschaft brauchen. In den kleineren Verwaltungen sind die Sozialen Dienste schlicht nicht gross genug, als dass die gemeindeeigenen Fälle betreut werden können.
Jetzt, nach Auflösung der BBO, übernehmen die Sozialen Dienste der Stadt Amriswil die Beistandschaftsfälle der zehn Gemeinden. «Wir sind froh, diese Lösung gefunden zu haben, und sind uns sicher, dass es die richtige Entscheidung ist», wird Rechsteiner in einer Mitteilung zitiert. Die Gemeinden Langrickenbach und Güttingen vom Bezirk Kreuzlingen werden interimsweise bis Ende 2023 in Amriswil betreut. Per Anfang kommendes Jahr übernimmt die Regionale Berufsbeistandschaft See die Klienten der beiden Gemeinden.
Dass sich die Fälle nun in Amriswil zentralisieren, ist kein Zufall. Schon im Juli 2022 haben die Sozialen Dienste erste Fälle der BBO übernommen. Schon damals zeichneten sich die Schwierigkeiten ab, genügend Personal für die in Egnach angesiedelte BBO zu finden. Seither werden einige Personen aus umliegenden Gemeinden in Amriswil betreut. Der Übergang wird also fliessend sein. «Dennoch werden wir sicher bis Ende Jahr Zeit brauchen, um alles Administrative zu organisieren und alles zu stabilisieren», erklärt Daniela Di Nicola, Stadträtin von Amriswil.
Für Tamara Sulzberger, Leiterin Soziale Dienste der Stadt Amriswil, und ihr Team bedeutet die Umstellung einiges an Zusatzaufwand. «Dafür werden wir um 240 Stellenprozente aufstocken», erklärt sie. Insgesamt sind fünf Berufsbeiständinnen und Berufsbeistände bei der Stadtverwaltung Amriswil tätig. «Ob dies ausreicht oder ob wir das Personal allenfalls noch zusätzlich aufstocken müssen, wird sich zeigen», sagt Sulzberger. Die Stadt Amriswil übernimmt die Berufsbeistandschaften der zehn BBO-Gemeinden mittels Leistungsvereinbarung, welche einen Fixbetrag pro Einwohner beinhaltet. Damit werden die Infrastruktur und die zusätzlichen Stellenprozente gedeckt. Auch dabei wird sich zeigen, ob die Finanzierung so funktioniert oder ob allenfalls nach einiger Zeit Anpassungen notwendig sein werden.
Die Amtsvormunde der Sozialen Dienste Amriswil heissen seit 2013 (Einführung der Kesb) Berufsbeistände. Sie sind im Auftrag der Kesb (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden) für die Durchführung von gesetzlichen Massnahmen zuständig. Im Kanton Thurgau gibt es in jedem Bezirk eine solche professionelle Behörde, welche dem kantonalen Obergericht Thurgau unterstellt ist. Für die Schutzbefohlenen (Erwachsene, Kinder und Jugendliche) sind nach wie vor die Amriswiler Dossierführenden (Berufsbeistände) die Ansprechpersonen. Sie leisten Hilfe in persönlichen, finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten.
Neben den Kesb-Aufträgen führen die Berufsbeistände und die Sachbearbeitenden für die Sozialen Dienste auch Sozialberatungen sowie freiwillige Einkommens- und Vermögensverwaltungen durch. (red)