Mit dem neuen Modell soll der Stadtrat entlastet werden – doch der hat immer noch ein Vetorecht bei Entscheiden.
Als viertgrösste Stadt im Kanton unterscheidet sich Amriswil grundsätzlich von den dreien, die einwohnermässig noch vor ihr liegen: In Frauenfeld, Kreuzlingen und Arbon gibt es überall ein Parlament. Amriswil leistet sich dafür einen neunköpfigen Stadtrat und vieles wird in Kommissionen aufgegleist. Diese über Jahre gewachsenen Strukturen wie auch die Arbeit der Stadtverwaltung liess der Stadtrat kürzlich von der Federas AG überprüfen. Die Beratungsfirma ist spezialisiert auf Verwaltungen und erbringt Dienstleistungen für die öffentliche Hand.
Eines könne er gleich vorwegnehmen, sagte Stadtpräsident Gabriel Macedo bei der Vorstellung der Ergebnisse vor seinen alten wie neuen Stadtratskollegen, vor Vertretern der Ortsparteien sowie des Gewerbes und der Wirtschaft. In acht Bereichen durchleuchteten die Mitarbeiter von Federas die Abläufe, die Führung, die Aufgabenverteilung und den Aufbau der Organisation. Nirgends wurden gravierende Mängel festgestellt, die es sofort zu beheben gelte, und bei der Zusammenarbeit und der Leistungsfähigkeit stellten die Federas-Prüfer der Stadt Amriswil gar ein sehr gutes Zeugnis aus.
Aufgrund dieser Analyse begab sich der Stadtrat in Klausur und diskutierte diverse Ansätze, so auch die Einführung eines Parlaments und die damit verbundene Reduktion des Stadtrates. Doch dieser sieht keine Dringlichkeit für eine nähere Überprüfung eines Parlaments, nicht zuletzt deswegen, weil zurzeit fast alle relevanten Parteien in der Amriswiler Exekutive vertreten sind, und die Repräsentativität der Bevölkerung auch über die entsprechende Zusammensetzung in Kommissionen gewährleistet werden soll. «Wir haben ein Stadtparlament und die Reduktion des Stadtrates aber auf unserer Watch-List», versprach der Stadtpräsident den Anwesenden. Das Thema soll mittelfristig wieder offen diskutiert werden.
Amriswil hält also an den bewährten Kommissionen fest, bringt aber auch dort Veränderungen an. So sollen die Finanzplanungs-, die Jugend- und die Marktkommission aufgehoben, und die Schwimmbadkommission mit der Sportkommission zusammengelegt werden. Die Besetzung der Kommissionen wird zudem neu geregelt und in den meisten Fällen nur mit zwei Mitgliedern des Stadtrates besetzt. Hinzu kommen noch zwei Angestellte der Verwaltung und bei Bedarf zusätzliche externe Fachleute.
Um die Stadträte weiter zu entlasten, wird ab sofort eine Art «Geschäftsleitung light» eingeführt. Die Exekutivmitglieder sollen über weniger Entscheide befinden müssen, die sowieso einfach nur abgenickt werden. Der ehemalige Vizestadtpräsident und Jurist André Schlatter gab zu bedenken, dies könne rechtlich heikel sein, weil in der Gemeindeverordnung, quasi die Statuten der Stadt Amriswil, dies so nicht vorgesehen sei, dass es da über kurz oder lang eine Anpassung bräuchte.
Gabriel Macedo konnte insofern für Beruhigung sorgen, dass diese «GL light» bestehend aus dem Stadtpräsidenten, dem Stadtschreiber, dem Finanzverwalter, dem Bauverwalter und der Leiterin Soziale Dienste nicht über den Stadtrat hinweg entscheiden könne. Dieser erhalte Zugang zu sämtlichen Protokollen und habe ein Vetorecht für alle Entscheide, diese erneut im Gremium zu besprechen.