OECD-Mindeststeuer
Wer Zug schwächt, stärkt die anderen Kantone nicht: Weshalb es zur OECD-Mindeststeuer ein Ja braucht

Die OECD-Mindeststeuer könnte bis zu 2,5 Milliarden Franken in die Kassen spülen. Nun wird gestritten, ob das Geld richtig verteilt wird. Die SP hat sich regelrecht in die Frage verbissen – dabei hat diese jetzt nicht Priorität.

Maja Briner
Maja Briner
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Die Mindeststeuer spült mehr Geld in die Kassen – insbesondere in jene des Kantons Zug.

Die Mindeststeuer spült mehr Geld in die Kassen – insbesondere in jene des Kantons Zug.

Bild: Mathias Blattmann

Ausgerechnet der ehemalige Finanzminister Ueli Maurer hat die Umsetzung der Mindeststeuer aufgegleist, über die am 18. Juni abgestimmt wird – und die zwei Ingredienzen enthält, die einem SVP-Politiker zuwider sind: höhere Steuern und internationale Regeln. Doch der ausgeklügelte Mechanismus der OECD-Reform wischt diese Vorbehalte vom Tisch. Denn am Grundsatz gibt es nichts mehr zu rütteln: Unternehmen mit einem Umsatz über 750 Millionen Euro müssen künftig zu mindestens 15 Prozent besteuert werden. Zieht die Schweiz nicht mit, könnten andere Staaten ab nächstem Jahr die Konzerne nachbesteuern und das Geld einsacken. Unser Land würde sich selbst schaden.

Im Kern ist die Vorlage daher unbestritten: Die Schweiz soll die Steuern für die Grosskonzerne erhöhen, damit die zusätzlichen Einnahmen im Land bleiben. Der Streit dreht sich um die Frage, wer das Geld erhalten soll. Gemäss einer Schätzung des Bundes geht es um 1 bis 2,5 Milliarden Franken. Das Parlament hat entschieden, dass ein Viertel an den Bund und drei Viertel an die Kantone fliessen sollen. Letztere profitieren sehr unterschiedlich – je nachdem, wie viel zusätzliche Steuereinnahmen sie durch die Reform generieren. Zug und Basel-Stadt dürften mit grossem Abstand am meisten erhalten.

Die Unsicherheit wäre ein Spiel mit dem Feuer

Das missfällt der SP. Sie hat sich dermassen in die Verteilfrage verbissen, dass sie die Vorlage bekämpft – obwohl eine Mindeststeuer zur Dämpfung des Steuerwettbewerbs ganz in ihrem Sinne ist. Die Partei kritisiert, das Geld werde unter dem Titel der Standortförderung an die Multis zurückgeschleust, während die Bevölkerung leer ausgehe. Zudem werde der Steuer- und Standortwettbewerb zwischen den Kantonen angeheizt. Bei einem Nein am 18. Juni lasse sich rasch eine bessere Vorlage aufgleisen, sagt die SP.

Schalten Bundesrat und Parlament den Turbo ein, ist das theoretisch durchaus denkbar – zwar mit einer unschönen Rückwirkung, aber das liesse sich verschmerzen. Problematisch wäre jedoch die Phase der Unsicherheit, welche ein Nein auslösen würde. Die betroffenen Unternehmen blieben im Ungewissen, ob rechtzeitig eine Umsetzung zustande käme, ob andere Länder sie nachbesteuern – oder die Kantone die Steuern eigenständig erhöhen würden. Diese Unsicherheit schadet. Es wäre ein Spiel mit dem Feuer, das die SP betreiben will.

Nachjustieren, wenn es nötig wird

Die Kritik an der Verteilung der Gelder verkennt zudem, dass die Kantone sich im internationalen Standortwettbewerb behaupten müssen. Gerade Tiefsteuerkantone müssen schauen, wie sie trotz Mindeststeuer attraktiv bleiben können. Dass Unternehmen weiter investieren und nicht abwandern, ist längst nicht nur im Interesse des betroffenen Kantons, wie zwei Zahlen illustrieren: Gut zehn Prozent der direkten Bundessteuer von Unternehmen stammten in den letzten Jahren aus dem Kanton Zug, zuletzt waren es 1,7 Milliarden Franken. Zudem zahlt der Kanton den höchsten Betrag pro Einwohner in den Finanzausgleich. Wer Zug schwächt, stärkt dadurch die anderen Kantone nicht - im Gegenteil.

Natürlich: Die Schweiz hat ein Interesse daran, dass die Kantone in Bezug auf die Wirtschaftskraft nicht weiter auseinanderdriften. Die Auswirkungen der Reform müssen deshalb genau beobachtet werden. Noch existieren nur grobe Schätzungen, welche Kantone wie viel Geld erhalten, und nur vage Pläne, wie dieses investiert werden soll. Wie die Unternehmen reagieren, weiss niemand. Viele Fragen sind also offen. Wenn das Parlament in rund sechs Jahren den Verteilmechanismus ins Gesetz überführen muss, dürfte einiges klarer sein. Dann muss die Politik reagieren, falls die Unterschiede zwischen den Kantonen trotz Finanzausgleich zu gross werden.

Jetzt geht es aber erst einmal darum, die Mindeststeuer einzuführen – und zwar geordnet und ohne Rechtsunsicherheit. Daran hat die Schweiz ein ureigenes Interesse.