Killian Peier gibt beim Weltcupstart im russischen Nischni Tagil sein Comeback nach einem Kreuzbandriss – der schwierigsten Verletzung für einen Skispringer.
Killian Peier ist zurück. Der Bronzemedaillengewinner der WM 2019 in Seefeld will am Freitag beim Weltcupstart in Russland zum ersten Mal nach seinem Kreuzbandriss im Oktober 2020 wieder wettkampfmässig von einer Schanze springen.
Für Skispringer ist der Riss des Kreuzbandes eine besonders perfide Verletzung. Weil sie möglichst leicht sein müssen, fehlt ihnen jene mächtige Muskulatur rund ums Knie, wie sie etwa alpine Skirennfahrer haben. Und trotzdem wirken bei der Landung extreme Kräfte auf den Körper – gerade, wenn man im Auslauf der Schanze einen Telemark zeigen will. Manch ein Athlet hat deshalb nach dieser Blessur sehr viel Zeit benötigt, um wieder auf sein Niveau zu kommen. Einige schafften es gar nie mehr.
Und wie steht es bei Killian Peier? Fliegt er schon wieder oder hüpft er noch? So wie bis weit in den Sommer hinein bei den ersten Beschnupperungen der Schanzen, als er mit den Skisprungskis lediglich den Landehügel hinunterfuhr und dort einen kleinen Hüpfer zeigte. Aber von Anfang an mit Telemark-Landung – der grossen Stärke von Peier.
Es folgte der erste Versuch von einer 10-Meter-Schanze. «Ich war nicht länger als für sieben Meter in der Luft. Aber bereits das war eine mentale Herausforderung», sagt der 26-jährige Romand. Danach ging es auf die kleinen Schanzen in Einsiedeln und erst Mitte August stand er erstmals wieder auf einem «richtigen» Anlaufturm.
Peier arbeitete bei seinem Comeback mit der Taktik der vielen kleinen Schritte. Er setzte sich vermeintlich unscheinbare Zwischenziele und freute sich darüber, wenn er eines davon abhaken konnte. «Ich war überrascht, wie geduldig ich auf einmal sein konnte», sagt er rückblickend. Vielleicht lag es daran, dass er «sehr grossen Respekt» vor der Verletzung hatte.
Denn zuerst musste der stärkste Schweizer Skispringer akzeptieren, dass er mindestens eine komplette Saison verpassen würde. «Es gab bessere und schwierigere Tage» gibt Peier zu. Es sei für den Körper eines Sportlers eine grosse Umstellung, «wenn man von einem Tag auf dem anderen anstatt zu trainieren nur noch auf dem Sofa sitzt». Dass er sich bei seinem Sturz an der Schweizer Meisterschaft in Einsiedeln gerade in der Form seines Lebens befand, half ihm dabei. «Ohne das Wissen, auf welches Niveau ich wieder gelangen kann, wäre die Reha-Phase viel schwieriger geworden.»
Peier lobt den guten Plan und die akribische Vorgehensweise auf dem Weg seines Comebacks. Die Rückkehr sei «sehr flüssig» verlaufen und dadurch sei auch sein Vertrauen, dass alles wieder funktioniert, sehr gross. Er ist überzeugt, auch beim Weltcupstart in Nischni Tagil wieder «stressfrei landen zu können.»
Während Killian Peier selbst im ersten Wettkampf vor allem «Spass haben und Emotionen sammeln» will und er die Qualität der Sprünge vor die Weite stellt, traut ihm Trainer Martin Künzle schon einiges zu. Wobei man nie wisse, wie ein Athlet nach einer solchen Verletzung reagiere, «wenn er wieder eine Startnummer trage». Bei seinen Trainingssprüngen sei Killian Peier zuletzt bereits wieder ans Niveau von Teamleader Gregor Deschwanden herangekommen, verrät Künzle.
Vor allem war die Stabilität bei der Landung hervorragend. Es habe sich gelohnt, dass man bei der Reha ein besonderes Augenmerk auf die koordinativen Fähigkeiten legte. Je ein Physiotherapeut in Einsiedeln und Magglingen waren über viele Wochen die wichtigsten sportlichen Bezugspersonen von Peier. «Sie haben mich in einem kontrollierten Umfeld gepusht», sagt der 26-Jährige.
Zur Comeback-Vorbereitung gehörte auch ein längeres Telefonat mit dem deutschen Skispringer Stephan Leye. Bei ihm riss das Kreuzband im März 2020 in Trondheim. «Wir haben gemerkt, dass unsere Geschichten sehr ähnlich waren. Das gab Zuversicht», sagt Peier. Die wichtigste Sache beim Comeback an diesem Wochenende sei nicht das Resultat, sondern «das Gefühl, wieder frei fliegen zu können.»