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127 Piloten aus 19 Nationen messen sich noch bis Sonntag bei den Schweizer Meisterschaften im Gleitschirmfliegen. Dafür müssen vier von sechs Flugtagen zu Stande kommen. Piloten und Organisatoren haben vor allem ein Gesprächsthema: das Wetter.
Marion Wannemacher
marion.wannemacher@obwaldnerzeitung.ch
Am Hang unterhalb vom Härzlisee hat sich eine bunte Gruppe verstreut. Gleitschirme liegen ausgebreitet herum. Deren Besitzer stehen oder sitzen gemütlich im Gras und unterhalten sich miteinander. «Das ist ‹Para-Waiting›», witzelt Sandra Köpfli, Präsidentin des Gleitschirmclubs Luzern (GCL). Tag zwei der Schweizer Meisterschaften im Gleitschirmfliegen. Den organisiert der GCL mit der Gleitschirmpilotenvereinigung PSC Titlis und dem Schweizerischen Hängegleiter-Verband. Eben muss Taskleiter Martin Scheel den Start für den Wettkampftag ein zweites Mal eine halbe Stunde nach hinten verschieben. Das Wetter macht nicht mit. Immer wieder ziehen Nebelschwaden auf, der Wind steht ungünstig.
Die Sportler nehmen es gelassen, kein einziger beschwert sich. Patrick Meyer, Sportchef beim GCL und ebenfalls im OK, diskutiert mit Sandra Köpfli, dass der Start stattfinden müsse oder der komplette Wettkampftag ausgesetzt werde, weil für den Nachmittag Gewitter gemeldet sind. Auf keinen Fall will das OK riskieren, dass die Wettkampfteilnehmer in schlechtes Wetter geraten.
Noch bis Sonntag hat die Rennleitung Zeit, die SM an vier Flugtagen auszutragen. Was ist, wenn das Wetter nicht reicht? «So, wie es im Moment vorhergesagt ist, weiss man nicht, wie es am Tag sein wird. Das gibt es immer mal wieder, dass die Meisterschaften nicht stattfinden können», weiss Meyer. 2014 hingegen waren die Bedingungen ideal. «Hammerwetter», erinnert sich auch Thomas Küng, Geschäftsführer der Brunnibahnen. «Wir haben sehr viele Gleitschirmflieger, vielleicht finden von hier aus nicht die weitesten Flüge statt, dafür funktioniert die Thermik am Berg, und das sogar im Winter.» Seit 2014 kommen noch mehr Gleitschirmflieger hierher.
Für Michel Kopp aus Wolfenschiessen lief es am ersten Wettkampftag nicht schlecht. Er wurde Fünfter in der Sportklasse. «Das ist schon mal eine Grundlage», sagt er sachlich. «Ich will schauen, dass das so bleibt.» Für die Swiss Open in Engelberg hat er sich vorgenommen, im vorderen Drittel zu landen. Der 33-Jährige fliegt seit sechs Jahren. Er ist im Sarganserland aufgewachsen, wo Gleitschirmfliegen weit verbreitet sei. Sein Vater sei früher auch geflogen. Irgendwann sei er dann selbst von einem Übungshang runter, von da an kam er von seiner Leidenschaft nicht mehr los.
Über die heutige «Task», die Aufgabe, sagt Michel Kopp: «Das ist absolut machbar, einzig von den Wolken hängt es ab, ob man fliegen kann.» Bruno Britschgi vom PCS Titlis erklärt, dass es an diesem Tag vom Engelbergertal Richtung Wissberg, dann Richtung Stanserhorn und schliesslich zurück nach Engelberg gehe. Virtuelle Bojen, die die Teilnehmer vorher herunterladen, werden per GPS angezeigt. Sie markieren die Wendepunkte.
Per Pfeifton erfahren die Piloten, wann sie diese Stellen erreicht haben. Ohne Technik geht nichts: Vario, Back-up, Smartphone und Lifetracking gehören zur Ausrüstung und geben der Rennleitung Auskunft über den Standort der Teilnehmer. Ein Lauf geht auf Tempo, der Schnellste gewinnt. Geflogen wird in den Kategorien Overall Class, Sport Class und Women Class.
Als alter Hase, der bereits 1996 den ersten Swiss-Cup-Sieg errungen hat, muss sich Bruno Britschgi nicht mehr beweisen. Er will bei jeder Aufgabe ins Ziel kommen. Die Altersspanne der Teilnehmer reicht von 18 bis 60 Jahre. Einen guten Piloten zeichnen die richtige Taktik und Routenwahl aus. Und wer das Gelände nicht kennt, holt sich Tipps von erfahrenen Gleitschirmfliegern. «Da ist man in der Szene sehr offen und kollegial», betont Britschgi.
Den Wettkampf am ersten Tag konnte der erfahrene Pilot Stephan Morgenthaler aus dem Aargau für sich entscheiden. Er war Erster bei den Swiss Championships in Engelberg 2014 und 2005 und holte zahlreiche vordere Plätze in weiteren internationalen Wettkämpfen. Kommt seine Frau mit seinem Hobby klar? «Die fliegt auch», erzählt er lachend und fügt hinzu: «Sie hat leider heimlich angefangen.» Warum leider? «Es ist gefährlich, da muss ich um sie Angst haben», antwortet er augenzwinkernd.
Ob es heute wirklich noch zum Start kommt? Das Wetter zieht hin und her, der Windsack bewegt sich in verschiedene Richtungen oder steht ganz still. Und dennoch, nach und nach richten die Piloten ihre Gleitschirme, ein Rascheln, ein Rennen ins Nichts. «Schreiben Sie bloss nicht ‹springen›, wir ‹starten›, hatte Sandra Köpfli gewarnt.
Übrigens: Stephan Morgenthaler belegt an Tag zwei den ersten, Michel Kopp den siebten Platz. Und Fotografin Corinne Glanzmann ist auch gestartet, im Tandemflug. «Es war einfach nur schön, ein Schweben in der Luft mit Blick nach unten», schwärmt sie nachher.