Gesundheit
Einsamkeit im Alter hat viele Gesichter – auch in Obwalden

Mit einem Filmmorgen hat das Gesundheitsamt Obwalden am Samstag für das Thema sensibilisiert. Am Podium gab es konstruktive Lösungsansätze.

Marion Wannemacher
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Zum Thema Einsamkeit im Alter leitete Lydia Hümbeli (ganz links) ein Podium. Von links: Cécile Malevez, Martin Fluder, Bereichsleiter Pflege, Klinik Sarnen und Luzerner Psychiatrie, Alexa Meyer, Filmproduzentin, Daniel Diem, Geschäftsführer Pro Senectute Obwalden und Kurt Bucher, Präsident IG Alter.

Zum Thema Einsamkeit im Alter leitete Lydia Hümbeli (ganz links) ein Podium. Von links: Cécile Malevez, Martin Fluder, Bereichsleiter Pflege, Klinik Sarnen und Luzerner Psychiatrie, Alexa Meyer, Filmproduzentin, Daniel Diem, Geschäftsführer Pro Senectute Obwalden und Kurt Bucher, Präsident IG Alter.

Bild: Marion Wannemacher (Sarnen, 15. Oktober 2022)

20 Prozent der Menschen in Obwalden sind 65 Jahre und älter. Acht Prozent von ihnen leiden unter Demenz. Mit einer Sensibilisierungskampagne macht das Gesundheitsamt Obwalden im Rahmen des kantonalen Aktionsprogramms «Gesundheitsförderung im Alter» auf das Thema Einsamkeit aufmerksam. Es veranstaltete am Samstag einen Filmmorgen an der Kantonsschule Obwalden. Rund 40 Personen schauten gemeinsam einen 30-minütigen Dokumentarfilm des Vereins Familien- und Frauengesundheit (FFG).

Einsamkeit kann jede und jeden treffen

In sieben authentischen Porträts erzählten ganz unterschiedliche Menschen, durch welche Lebenssituation sie einsam wurden, wie sie unter ihrer Einsamkeit leiden und welche Auswege sie für sich sehen. Schnell wurde deutlich, dass Einsamkeit jede und jeden treffen kann: die Coiffeurin in Pension, den älteren Immigranten, den pflegenden Angehörigen einer Frau mit Demenz oder die Witwe. Wie sagte einer der Porträtierten im Film: «Allein bin ich ein Mensch ohne Seele.»

Am anschliessenden Podium diskutierten die Alexa Meyer, die Produzentin des Films, Cécile Malevez, die Gründerin von FFG, Martin Fluder, Bereichsleiter Pflege in der Klinik Sarnen und in der Luzerner Psychiatrie, Daniel Diem, der Geschäftsführer von Pro Senectute Obwalden, und Kurt Bucher, Präsident der IG Alter, unter Moderation von Lydia Hümbeli, die das Projekt Gesundheitsförderung im Alter in Obwalden leitet.

In einem Grusswort hatte Landammann Christoph Amstad, Leiter des Sicherheits- und Sozialdepartements, darauf aufmerksam gemacht, wie weit verbreitet Einsamkeit im Alter ist. Er erkannte darin ein Gesundheitsrisiko und stellte den Zusammenhang her zwischen kürzerer Lebenserwartung, Bluthochdruck und Depressionen sowie einem höheren Risiko für Demenzerkrankungen.

Der Film hatte die Gemüter der Diskussionsteilnehmer bewegt. Cécile Malevez äusserte beeindruckt, wie verschiedenartig Einsamkeit ausgeprägt sei. Martin Fluder zeigte sich berührt von der Aussage einer Frau, die bereits jetzt wusste, dass sie Weihnachten allein und unter Tränen überstehen müsse. Filmproduzentin Alexa Meyer betonte ihre Dankbarkeit für die Offenheit der Interviewten, die mutig mit ihrem Namen für ihre Aussagen einstanden.

Lydia Hümbeli fragte die Experten, ab wann professionelle Hilfe sinnvoll sei. Martin Fluder empfahl, sich an den Hausarzt zu wenden, sobald man sich eingeschränkt fühle und gewisse Tätigkeiten nicht mehr ausüben könne. Im Fall eines psychischen Problems könne man die Luzerner Psychiatrie konsultieren.

Einsame Menschen gemeinsam einladen

Cécile Malevez hielt fest, dass es zwar viele Freizeitangebote für ältere Menschen gebe, der Mensch, der sich einsam fühle, aber an Selbstwertgefühl verliere. Es brauche dann eine Übersetzung zu den Angeboten. Sie schlug pragmatisch vor, mit jemandem gemeinsam Menschen aus der Nachbarschaft einzuladen, ohne diese konkret auf ihre Einsamkeit anzusprechen. Ihre Idee stiess im Publikum auf Sympathie und wurde mit Klatschen quittiert.

In der Schlussrunde appellierte Kurt Bucher bereits an jüngere Menschen, sich rechtzeitig vor dem Altwerden zu öffnen. Zuvor war thematisiert worden, dass persönliche Brüche im Schicksal wie beispielsweise der Tod der Partnerin oder des Partners unerwartet zu Einsamkeit führen können. Daniel Diem sprach sich dafür aus, sensibler mit dem Thema Einsamkeit umzugehen und darüber zu reden.

Martin Fluder wies darauf hin, dass die Suizidrate bei älteren Menschen höher ausfalle. Er empfahl die entsprechende Kurse von der Stiftung Pro Mente Sana, bei denen es um psychische Gesundheit geht. In diesen lernen die Teilnehmenden, ihre Mitmenschen auf mögliche Suizidgedanken anzusprechen. Lydia Hümbeli machte darauf aufmerksam, dass der Kanton die Teilnehmenden finanziell bei den Kursgebühren unterstütze.

Hümbeli zitierte abschliessend den ehemaligen Nati-Fussballer René Botteron, der 65 Länderspiele bestritt. Dieser hatte offen in der Boulevard-Presse zu seiner Einsamkeit gestanden. Er hatte geraten, unter Menschen zu gehen:

«Ich bin selber dafür verantwortlich und muss nicht denken, die anderen könnten sich ja mal bei mir melden.»

Hinweis: Mehr Infos unter http://www.ow.ch/owischzwaeg.