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Der Vertrag mit den Stollenbauern steht. Der Spatenstich für das Jahrhundertprojekt zum Hochwasserschutz könnte damit im Herbst erfolgen. Fraglich ist noch, ob hängige Einsprachen zuvor bereinigt werden müssen.
Adrian Venetz
adrian.venetz@obwaldnerzeitung.ch
Der Kanton Obwalden und die Arbeitsgemeinschaft HWS Marti haben am Montag den Vertrag für den Stollenbau unterzeichnet. Dies teilte das Bau- und Raumentwicklungsdepartement gestern mit. Die Arbeitsgemeinschaft HWS Marti aus Moosseedorf BE führt den Auftrag als Totalunternehmer durch, dies zum Fixpreis von 78,7 Millionen Franken. Zum Stollen gehört auch der Vertikalschacht Kernmattbach. «Explizit nicht enthalten sind die Projektteile Ein- und Auslaufbauwerk mit den entsprechenden Baustellen- und Unterhaltszufahrten, die Verlegung der Etschistrasse sowie die Massnahmen an der Sarneraa», schreibt der Kanton. Diese Arbeiten werden dem Projektfortschritt entsprechend separat ausgeschrieben. Das Volk hatte die Gesamtkosten von 115 Millionen Franken im Herbst 2014 mit einem Ja-Anteil von über 80 Prozent abgesegnet.
Paul Federer, der Ende Juni als Baudirektor zurücktritt, zeigt sich zufrieden: «Mit der Vertragsunterzeichnung ist ein wichtiger Meilenstein erreicht. Natürlich hätte es mich gefreut, wenn der Spatenstich zu diesem kantonalen Jahrhundertprojekt noch während meiner Amtszeit erfolgt wäre.» Er sei aber «überzeugt, dass ich meinem Nachfolger ein ausgereiftes Projekt übergeben kann». Der neue Baudirektor Josef Hess wird am Freitag nächster Woche im Kantonsrat vereidigt.
Wie Federer gestern auf Anfrage weiter erklärte, soll der Spatenstich für den Stollenbau diesen Herbst erfolgen. Allein die Vorbereitungsarbeiten – etwa Baustelleninstallationen und Zufahrten – dauern rund ein Jahr. Die Tunnelbohrmaschine wird also bestenfalls im Herbst 2018 in Betrieb genommen. Nach heutigem Stand der Planung wäre der Stollen ab Sommer 2023 betriebsbereit.
Über dem Gesamtprojekt Hochwassersicherheit Sarneraatal hängen nach wie vor Einsprachen, die noch nicht bereinigt werden konnten. Wie bereits berichtet, betreffen diese Einsprachen nicht den Stollen an sich, sondern die geplanten Ausgleichsmassnahmen an der Sarneraa. Den Umweltschutzverbänden geht die ökologische Aufwertung der Sarneraa zu wenig weit. Ein Dreh- und Angelpunkt bei den Verhandlungen ist Artikel 4 des Bundesgesetzes über den Wasserbau. Darin heisst es: «Bei Eingriffen in das Gewässer muss dessen natürlicher Verlauf möglichst beibehalten oder wiederhergestellt werden.» Und weiter: «Gewässer und Gewässerraum müssen so gestaltet werden, dass sie einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt als Lebensraum dienen können.» Unschwer zu erkennen: Hier bietet sich ein relativ grosser Interpretationsspielraum, was denn nun nötig ist und was nicht.
Gemäss Informationen unserer Zeitung wollen die Umweltschutzverbände bei der Sarneraa eine Art Präzedenzfall schaffen für die künftige Auslegung von Artikel 4 des Wasserbaugesetzes. Federer bestätigt das. «Die Verbände haben selbst bereits kundgetan, dass sie an der Sarneraa beispielhaft die Möglichkeiten von Artikel 4 des Wasserbaugesetzes ausloten wollen.» Der Baudirektor gibt zu bedenken: «Auf der anderen Seite des Gesetzes stehen die nationalen Interessen der Fruchtfolgeflächen, also indirekt unsere Selbstversorgung, über welche das Schweizervolk in naher Zukunft zu befinden hat.»
Bleibt schliesslich die Frage: Kann der Spatenstich für den Stollen erfolgen, obwohl noch nicht alle Einsprachen zu den Ausgleichsmassnahmen an der Sarneraa bereinigt sind? Der Kanton hatte früher bereits kommuniziert, dass dies möglich sei. Hierzu laufen derzeit offenbar intensive Gespräche, wie Federer gestern durchblicken liess. Auch stünden in den nächsten Tagen weitere Verhandlungen mit Umweltschutzverbänden an. Laut Federer wird der Kanton bald über das weitere Vorgehen informieren.