Letzte Weihnachten für 150-jährigen Giswiler Baum

Ein mächtiger Bergahorn soll aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Die Familie des Landeigentümers ist nicht einverstanden.

Franziska Herger
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Der Bergahorn an der Panoramastrasse, der gefällt werden soll.

Der Bergahorn an der Panoramastrasse, der gefällt werden soll.

Bilder: PD

24 Meter hoch thront der Bergahorn über der Giswiler Panoramastrasse, ein Blickfang von weitherum. Doch lange wird man den um die 150 Jahre alten Baum im Gebiet Iwi nicht mehr bewundern können. Denn der Bergahorn ist instabil und droht, auf die Strasse oder die gleich daneben stehende Alphütte zu stürzen. Im Herbst brach ein grosser Ast ab. Der Baum soll sobald als möglich gefällt werden.

Ganz zum Schrecken von Remo Abächerli. Der 52-jährige Heizungsingenieur verbindet Kindheitserinnerungen mit dem Ahorn. Seinem Vater gehört das Land, auf dem er steht, samt Alphütte und einem Stall. «Ich weiss noch, wie wir jeden Herbst wochenlang Laub als Winterstreue für den Stall zusammengekehrt haben», sagt Abächerli, der heute in Emmenbrücke wohnt. Dass der Ahorn nun gefällt werden soll, geht ihm zu schnell. Dabei hat sein Vater Otto Abächerli selber bei der Gemeinde um die Schlagbewilligung ersucht. «Mein Vater wird bald 80 Jahre alt und machte sich nach den Warnungen des Kantons und der Gemeinde Sorgen über die Gefahr, die von dem Baum ausgehen soll», meint Abächerli junior. «Doch zu so einem alten Baum muss man doch schauen, anstatt einfach ein schnelles Todesurteil zu fällen. Hat man wirklich alle Möglichkeiten abgewogen?»

Der Bergahorn im Winterkleid.

Der Bergahorn im Winterkleid.

Der Bergahorn kann nicht alleine stehen

Der Baum sei ein Naturobjekt von lokaler Bedeutung und entsprechend im kommunalen Zonenplan gekennzeichnet, sagt Roland Christen, Leiter des Amts für Wald und Landschaft des Kantons. «Deshalb besteht natürlich ein Interesse, dass er stehen bleibt. Aber gestützt auf ein von uns in Auftrag gegebenes Gutachten betreffend Gesundheitszustand und Stabilität stütze ich die Einschätzung, den Baum nun zu fällen.» Gutachter war der Baumsachverständige Walter Wipfli. «Es ist ein wunderschöner Baum», findet auch er. «Doch er ist vom Boden auf dreistämmig gewachsen, die Hauptgabelung ist spitzwinklig. Die Stämme konkurrenzieren, es bildet sich eingewachsene Rinde. Daher ist der Baum schon lange mit Seilen gesichert. Er kann nicht alleine stehen.»

Zuletzt wurden die Seile 2013 gewechselt und der Ahorn durch Beschneiden entlastet. Seither habe sich sein Zustand vor allem gegen Westen weiter verschlechtert, so Wipfli. «Die Hauptgabel ist angerissen und der Baum bildet nicht genug Reaktionsholz, das heisst er gleicht die Schwachstelle ungenügend aus, da er in den Seilen hängt.» Zu retten wäre er nur durch eine weitere Entlastung mittels Absägen eines Drittels der Baumkrone. «Das würde ihn entstellen, und es ist unklar, wie er auf die Beschneidung reagieren würde», sagt Wipfli. «Allenfalls zögert man das Fällen nur um weitere vier Jahre hinaus.»

Nun soll der Baum möglichst schnell weg, aus Sicherheitsgründen und weil die Stasse während der Fällung stundenlang gesperrt werden muss. «Das braucht einen Kran und verursacht erhebliche Kosten», sagt René Kiser, Leiter Bau und Infrastruktur der Gemeinde. Die Gemeinde wird die Schlagbewilligung gestützt auf die Kantonseinschätzung Anfang Jahr erteilen. Mit Beschluss von gestern teilte sie Otto Abächerli mit, auf die vorgeschlagenen Pflegemassnahmen werde verzichtet. Wann gefällt werde, müsse der Grundeigentümer entscheiden, so Kiser. «Er trägt auch die Verantwortung für allfälligen Schaden durch den Baum.»

«Das ist eine sehr traurige Aussicht auf das neue Jahr», sagt Remo Abächerli. «Unsere Familie wird sich über die Festtage überlegen, den Gemeindeentscheid beim Regierungsrat anzufechten.»