Obwalden
Jahreskonzerte: Geglückter Neustart der Schwander Muisig

Schweizer Komponisten bestimmten das Jahreskonzert der Musikgesellschaft Sonnenberg Schwendi. Eine Idee, die unter dem neuen Dirigenten zum Erfolg führte.

Primus Camenzind
Drucken
Die Musikgesellschaft Sonnenberg Schwendi spielt unter der Leitung des neuen Dirigenten Donatien Bachmann das traditionelle Jahreskonzert.

Die Musikgesellschaft Sonnenberg Schwendi spielt unter der Leitung des neuen Dirigenten Donatien Bachmann das traditionelle Jahreskonzert.

Bild: Primus Camenzind (Stalden, 13. 5. 2023)

Bereits am Freitagabend und genauso am Samstagnachmittag war die Turnhalle in Stalden fast komplett besetzt. Der «Gwunder» der Bevölkerung, den Neustart ihrer Schwander Muisig mit dem jungen Genfer Dirigenten Donatien Bachmann zu verfolgen, mag mit ein Grund sein für diesen Publikumserfolg. Wie auch immer: Die Leistung der Musikantinnen und Musikanten und die Art und Weise des Dirigenten, das Ensemble zu führen, verdiente den Zuspruch aus der Turnhalle vollends. Zur Eröffnung erklang die «Intrada Solenne» des in Blasmusikkreisen unvergesslichen Luzerner Albert Benz (1927–1988). Die Halle gibt akustisch viel her, entsprechende wohlklingend und würdevoll kam auch das 1967 geschriebene Stück daher.

In der Folge betrat die Ansagerin Sonja Britschgi die Bühne. In ihrer gut gelaunten und spontanen Art bezeichnete sie sich selber und im besten Sinne als «hemmungslos». Sie verstand es deshalb, mit wenigen Worten Hürden zwischen dem Publikum und dem Orchester wegzuräumen.

Gepflegte Unterhaltungsmusik

Der Schweizer Blasmusikverband (SBV) erklärte das Jahr 2023 zum «Jahr der Schweizer Blasmusikliteratur». Diese Vorgabe nahm die Musikgesellschaft Sonnenberg (MGSS) auf und spielte ausschliesslich Werke von Komponisten aus der Schweiz. Eine erfolgversprechende Idee, denn Dirigent und Musikkommission konnten so aus einem breiten Angebot von unterhaltsamer und facettenreicher Literatur auswählen. Darunter die «Rhine River Impressions» von Mario Bürki (*1977); «Io Senza Te» von Peter Reber (*1949); «Celebration and Dance» von Gilbert Tinner (*1965); «Mama’s Samba» von Ivo Huonder (*1959) und weitere Werke. Sie alle dürfen gemeinhin der gepflegten Unterhaltungsmusik zugeordnet werden.

Das Repertoire war geeignet, den lediglich drei Monate dauernden Annäherungsprozess zwischen Dirigent Donatien Bachmann und den Musikantinnen und Musikanten zu erleichtern. Ob festlich, majestätisch, rockig, latinoleicht, dramatisch, ob temporeich oder bedächtig – was zu hören war, kam von Herzen und brachte Emotionen mit ins Spiel. Erstaunlich ausserdem, wie sich Solistinnen und Solisten – namentlich Trompeten und Waldhorn – mit jugendlicher Selbstverständlichkeit auszeichneten.

In der Pause erklärte Donatien Bachmann im Gespräch die Gründe, welche einen jungen Genfer Musiker beruflich ins Obwaldner Dorf Stalden führen können: «meine Leidenschaft für kleinere Orchester, meine ursprüngliche Herkunft Luzern und die Tatsache, dass mir Laienmusiker in meiner Persönlichkeitsentwicklung als Fagottist und Dirigent mehr bringen als Profis». Die Sprachbarriere zwischen Genf und Stalden sei eher vorteilhaft, gab er zu verstehen: «Sie hören mir und meinem nicht perfekten Deutsch viel aufmerksamer zu.»

Teiluniformierung gestartet

Drei Vereinsmitglieder zeigten, dass eine Neuuniformierung dringend notwendig ist.

Drei Vereinsmitglieder zeigten, dass eine Neuuniformierung dringend notwendig ist.

Bild: Primus Camenzind (Stalden, 13. 5. 2023)

Zu Beginn der zweiten Konzerthälfte standen da plötzlich drei Vereinsmitglieder am Bühnenrand. Sie gaben eher ein zweifelhaftes Bild ab: Die Dame in einem Kittel, in dem sie zu versinken drohte, der Kollege nebenan in Hochwasserhosen und schlussendlich ein stattlicher Dritter, der seiner Ausmasse wegen schon seit Jahren nicht mehr in die Einheitsbekleidung der Schwander Muisig passt. Die kuriose Szene war schnell entschlüsselt. Das Trio gab den Startschuss zum Projekt «Teiluniformierung», welches von einer Gruppe aus dem Ensemble und zusammen mit der OK-Präsidentin Lisbeth Burch angegangen wird. «Im Mai 2024 wollen wir neu eingekleidet sein», war zu vernehmen.

Zurück zur Musik: Mit «Hemmige» von Mani Matter (1936–1972) war die MGSS sofort wieder beim dankbaren Publikum angekommen. Erneut konnten sich die eine Trompeterin sowie der Schlagzeuger mit fätzigen Solis auszeichnen. Alles, was irische Folkmusic so beliebt macht, prägten die «Dublin Pictures» von Marc Jeanbourquin (*1977). Diese wechselvollen Bilder wurden von der Schwander Muisig mit viel Eifer «gezeichnet», und dabei stiess das Orchester ab und zu auch an seine derzeitigen Grenzen. Melodien aus der Alpenwelt prägten «Edelwyys» von Mario Bürki. Sie brachten einmal mehr den faszinierenden Klang des Waldhorns und bestens disponierte Posaunen ins Spiel. Nach dem von Jan Müller bearbeiteten Welthit «You’re Simply the Best» von Tina Turner (*1939) erklatschte sich das begeisterungsfähige Publikum noch einen Marsch und einen Tango als Zugaben. Zusammen mit Donatien Bachmann und einem motivierten Ensemble kann die MGSS die viel zitierte «Luft nach oben» zu ihrem Vorteil einatmen und in weitere musikalische Fortschritte umwandeln.