OBWALDEN: Gibel wird erstes Windkraftwerk

Windräder sollen künftig Strom für bis zu 2700 Haushalte liefern. Ob sich das lohnt, ist aber noch unklar.

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So wie auf Lutersarni im Entlebuch (Bild) soll im Gebiet Gibel auf Lungerer Boden eine Windkraftanlage entstehen. (Bild: Pius Amrein (Entlebuch, 25. August 2015))

So wie auf Lutersarni im Entlebuch (Bild) soll im Gebiet Gibel auf Lungerer Boden eine Windkraftanlage entstehen. (Bild: Pius Amrein (Entlebuch, 25. August 2015))

Etwas über 60 Windräder stehen derzeit in der Schweiz. 114 Windenergieanlagen sollen gemäss Stiftung Landschaftsschutz noch gebaut werden – eine davon möglicherweise auch im Gebiet Gibel auf rund 2000 Metern Höhe auf Lungerer Boden in der Nähe zur Berner Kantonsgrenze. Markus Amrein bestätigt die Pläne. Er ist Verwaltungsratsmitglied der extra für das Projekt gegründeten Windenergie Obwalden AG, die auf Projektierung und Ausführung von Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien in Obwalden insbesondere im Bereich der Windkraft spezialisiert ist. Die in Kerns domizilierte Firma ist eine Tochtergesellschaft der 2004 gegründeten Stream Invest Holding AG, die in 13 europäischen Ländern im Bereich erneuerbare Energien arbeitet.

«Die windexponierte Lage scheint uns auf den ersten Blick ideal», sagt Amrein zu den Plänen. Auch bewilligungstechnisch stünde das Projekt unter einem guten Stern. Der Standort liegt nicht in der Landschaftsschutzzone, sondern in einem Berggebiet. Das Gefälle sei ideal für den Einbau der Fundamente. «Für den Gibel spricht zudem, dass der Zufahrtsweg ausbaubar ist, damit die grossen Elemente angeliefert werden können.» Die Teilsame (Korporation) Lungern Dorf als Grundstückbesitzerin stehe dem Projekt und dem Strassenausbau positiv gegenüber. Die Projektbewilligung für eine Windmessung sei an der Versammlung einstimmig erteilt worden.

«Die Anlage ist weit weg von Siedlungen»

Drei bis vier Windräder sollen dereinst Strom ins öffentliche Netz einspeisen. Man rechnet mit einer Leistung von sieben bis neun Megawattstunden, was etwa dem Verbrauch von 2300 bis 2700 Haushaltungen entspricht. Die grossen Rotorblätter sollen laut Amrein kein Problem darstellen. «Die Anlage auf der Sommerweide ist abgelegen, weit weg von Siedlungen. Die Rotorblätter sind vom Tal nur am Horizont als Silhouetten erkennbar.» Auch was die Vögel betreffe, hat er keine Bedenken. «Der Punkt ist vor allem, dass die Windräder nicht in einem Vogelzug liegen. Falls doch, gibt es immer noch die Möglichkeit, dass man die Anlage zeitweise stoppt, sobald man auf dem Radar einen Vogelzug erkennt.»

«Brauchen das ganze Jahr verlässliche Windleistung»

Noch sind aber viele Detailfragen ungeklärt. Präzise Windmessungen in diesem Sommer sollen Klarheit schaffen. «Es nützt nichts, wenn wir während eines Monats pro Jahr super Windverhältnisse haben und es während der übrigen Zeit des Jahres windstill ist. Wir brauchen das ganze Jahr über eine verlässliche Windleistung.» Das Ergebnis der Windmessung soll auch Antwort auf die Frage liefern, wie viele Windräder für einen rentablen Betrieb notwendig seien. «Grundsätzlich sinken die Baukosten für ein einzelnes Windrad, je mehr Windräder gebaut werden, weil es ja beispielsweise nur eine Zufahrtsstrasse für den ganzen Windpark braucht», erläutert Amrein. Solange solche Details nicht geklärt seien, könne er darum noch nichts über die erwarteten Investitionskosten sagen, oder zu welchem Preis die Energie dereinst auf dem Strommarkt verkauft würde.

Klar ist für ihn, dass Windenergie eine verlässliche Energiequelle ist – als optimale Ergänzung zu Wasserkraft und Solarenergie. «In der Schweiz windet es in den Wintermonaten stärker, genau dann, wenn die Solarzellen nicht so viel Strom produzieren», sagt Markus Amrein. Auch könnte allfällig überschüssiger Strom von Windkraftanlagen für Pumpspeicherkraftwerke verwendet werden. Nach Abschluss der Windmessungen soll ein Vertrag mit der Teilsame Lungern Dorf ausgearbeitet und das Baubewilligungsverfahren eingeleitet werden. Die Windanlage im Gebiet Gibel wäre die erste in Obwalden. In Nidwalden gibt es aktuell ein Windrad auf dem Haldigrat.

Matthias Piazza

matthias.piazza@obwaldnerzeitung.ch