Drei Generationen unter einem Dach, und das schon seit zehn Jahren: Das Haus am Wibergliweg hat sich bewährt. Es könnte ein Modell mit Zukunftscharakter sein.
Marion Wannemacher
Unweit vom Haus rauscht der Bach, der Ausblick auf die Melchtaler Berge und das Arvigrat ist berückend. Im Gemeinschaftsraum hat Cécile Malevez schon alles für den Apéro vorbereitet. Der zwölfjährige Leon und die elfjährige Mithuria leisten ihr Gesellschaft. Immer mal wieder kommen die fünf Parteien im Haus auf einen Apéro zusammen. «Kommt ihr runter?», heisst es dann auch schon mal spontan, erzählt Cécile Malevez.
Drei Generationen wohnen im Wibergliweg 4 in fünf Wohnungen im Stockwerkeigentum unter einem Dach, darunter eine Familie mit zwei Kindern, zwei alleinstehende ältere Frauen sowie eine alleinerziehende Mutter. «Mir gefällt, dass es hier verschiedene Generationen gibt. Hier zu wohnen, ist nicht vergleichbar mit einem Block. Allein wenn ich bei Bill und Kathrin Licht sehe, ist das ein Gefühl von daheim sein», erzählt Cécile Malevez.
«Man kennt sich gut, die Bauphase war eine wichtige Zeit, die hat uns zusammengeschweisst», findet Yvonne Raselli. «Ich finds cool, dass ich, wenn ich Langeweile habe, oben bei Leon klingeln und fragen kann, ob wir zusammen spielen», findet Mithuria. «Nur schon die Lage ist einmalig», sagt Beat Krummenacher, den alle nur «Bill» nennen. «Man ist hier Stockwerkeigentümer und hat Einfamilienhausqualität.»
Die Bewohner helfen einander: Yvonne Raselli erzählt, dass ihr die Nachbarin Kathrin, Bills Frau, Tee gebracht habe, als sie vor kurzem krank war. Maria Raselli, Tochter von Yvonne und Mutter von Mithuria, hilft, schwere Einkäufe die Treppe hochzutragen. Unterdessen ist die Apéroplatte leer geputzt. Der neunjährige Basil hat unaufgefordert Nachschub aus Cécile Malevez’ Wohnung geholt und kassiert ein dickes Lob.
Am Anfang des Projekts stand eine Idee. Cécile Malevez und Yvonne Raselli, die schon lange miteinander befreundet sind, überlegten bei einem Glas Wein, wie es wäre, zusammenzuziehen im Stockwerkeigentum. «Meine vier Töchter waren alle ausgezogen und Céciles Töchter ebenfalls», erzählt Yvonne Raselli. Sie überlegten, wie es wäre, wenn man sich im späteren Leben unterstütze.
Per Zufall erfuhr Cécile Malevez vom Land einer Erbengemeinschaft. Den beiden Frauen wurde ausgerechnet ein Preis genannt, der genau noch in ihrem Budgetrahmen lag. Die Erbengemeinschaft war begeistert von ihrem Projekt und gab ihnen den Zuschlag. Und auch die anderen Miteigentümer waren schnell zusammen: Maria Raselli entschloss sich, mit ihrem Kind in die Nähe ihrer Mutter zu ziehen, Bill und Kathrin Krummenacher/Müller suchten gerade mit Sohn Leon eine grössere Wohnung.
Der Architekt Eugen Imhof von Sarnen, den sie beauftragten, bekam von der Bauherrengemeinschaft genaue Vorgaben: Die Architekturstrukturen sollten kommunikationsfreundlich sein, die verwendeten Baustoffe ökologisch, Holz sollte verbaut werden. Die Architektur ist gelungen: Von jeder Wohnung aus hat man Sicht auf den Weg, jede Wohnung bietet aber auch viel Privatsphäre zum individuellen Rückzug.
Bei der ersten Bank stiessen die beiden Frauen auf Skepsis. Ob sie überhaupt Bauerfahrung hätten, wollte der erste Bankberater wissen. Die nächste Bank war kulant. Ansonsten gab es vorwiegend positive Reaktionen. «Auch Leute, die uns sagten: ‹Oh, ihr seid schon mutig›», erinnert sich Cécile Malevez.
Die Bewohner des Projekts im Wibergliweg in Sarnen haben für ihr Alter geplant: Alle Wohnungen sind rollstuhlgängig, die Treppe könnte mit einem Lift nachgerüstet werden, ein Studio würde Platz bieten für die Unterbringung einer Pflegekraft auf Dauer. Schon einige Interessierte aus verschiedenen Regionen der Schweiz haben im speziellen Wohnprojekt einen Augenschein genommen.
Netzwerk mw. Im Kanton Obwalden gibt es laut Volkswirtschaftsdepartement keine spezielle Förderung von generationenübergreifendem Wohnen. Der Kanton hat sich vor etwa zehn Jahren aus dem Wohneigentumsförderungsgesetz ausgeklinkt. Bei den Projekten ging es aber ohnehin nur um Wohnbaugenossenschaften.
Kostenlose Beratung für Projekte gibt es beim Verein Wohnwandel Nidwalden. Dieser bietet ein Netzwerk unter anderem zur Vermittlung von Wohnungsbaugenossenschaften und privaten Haus- und Grundstückseigentümern. Im Kanton Obwalden gibt es zwar Interesse am Thema, aber bislang sind keine spruchreifen Projekte bekannt.
www.wohnwandel.ch