SARNEN: Hier lernt man Bienen kennen

Die Obwaldner Imker führen seit 40 Jahren einen Lehrbienenstand. Tausende Kinder und Erwachsene sind dort den nützlichen Insekten begegnet.

Romano Cuonz
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Umschwirrt im Lehrbienenstand: Bieneninspektor Sepp Windlin zeigt den Mädchen ein ebenso fleissiges wie faszinierendes einheimisches Tierchen. (Bilder Romano Cuonz)

Umschwirrt im Lehrbienenstand: Bieneninspektor Sepp Windlin zeigt den Mädchen ein ebenso fleissiges wie faszinierendes einheimisches Tierchen. (Bilder Romano Cuonz)

Romano Cuonz

«Ich weiss noch nicht gar viel von Bienen, aber ich finde die Tierchen sympathisch, weil sie uns Honig geben», sagt die 13-jährige Melanie. Jana meint: «Bienchen sind ‹härzig› und nützlich, auch wenn mich einmal eines gestochen hat, als ich barfuss durchs Gras ging.» Alexandra weiss schon ein bisschen mehr: «Mein Vater Sepp Windlin hat selber Bienchen, und wenn er Honig aus den Waben nimmt, schaue ich oft zu. Nur schade, dass ich Honig wegen einer Allergie nicht essen darf.» Drei von vielen Kindern, die im Lehrbienenstand Sarnen mit dem ebenso fleissigen wie faszinierenden Insekt Bekanntschaft gemacht haben. Wie kam es dazu?

Grosse Pionierarbeit

Vor 40 Jahren hat der damalige Bienenzüchter-Präsident Alois Amrein im Wiler Friedenfels eine Baracke gekauft, abgebrochen und mit Fronarbeitern im Foribach als Lehrbienenstand wieder aufgestellt. «Er war ein grosser Pionier in der Bienenzucht, die er im Kanton Obwalden fördern wollte», weiss die ebenfalls sehr engagierte heutige Präsidentin Brigitte von Flüe. Selber besitzt sie zwei Bienenhäuschen mit 16 Völkern in Stalden.

Engagierter Hans Vogler

«In einem zweiten Leben würde ich wahrscheinlich Lehrer», schmunzelt der Lungerer Baumwärter und Imker Hans Vogler. In der Tat: Kaum jemand hat so vielen Kindern das «Wunder Bienen» nähergebracht als er. Und kaum ein anderer hat so viele Imkerinnen und Imker ausgebildet – dies über 23 Jahre hinweg. Eine beeindruckende Zahl dazu: 1800 Kinder vom Ferienpass, von Lagern oder vom Lama-Trecking waren im Lehrstand seine Gäste. Dies wortwörtlich: Denn Brot mit «Hung» und von Bienen mindestens indirekt mitproduzierten Most gab es bei jedem seiner Kurse zum süssen Abschluss.

Einmal bildete sich sogar eine Jugendgruppe, die über ein ganzes Bienenjahr ein eigenes Volk betreute und so das Imkern ganz praktisch erlernte. «Damals habe ich auch Kinderschleier beschafft, damit meine Schüler die Ereignisse noch näher, direkt im Stand, mitverfolgen konnten», erzählt Hans Vogler. Einmal habe er zusammen mit den Kindern einen Schwarm eingefangen. Ein gewaltiges Erlebnis! «Und natürlich zogen wir Kerzen aus eigenem Bienenwachs», erinnert sich Vogler. Einige Kinder von damals seien heute selber Imker. Auch mit Erwachsenen hat Hans Vogler Tage, Monate und Jahre gearbeitet. Der Imkerkurs mit Theorie und Praxis erstreckt sich über zwei Jahre und ist auf 18 halbe Tage verteilt. Viele Obwaldner Imker haben ihr Rüstzeug von Hans Vogler erhalten. Beim monatlichen Hock kommen 30 bis 40 Bienenzüchter zu ihm in den Lehrbienenstand. Diesen Sommer aber will der Lungerer in Pension gehen. Dazu Präsidentin Brigitte von Flüe: «Weil die Nachfrage nach weiteren Kursen gross ist, müssen wir möglichst bald eine neue Lösung finden.»

Lehrbienenstand wird erweitert

«Zurzeit saniert und erweitert unser Verein den Lehrbienenstand in Sarnen», sagt der Obwaldner Bieneninspektor Sepp Windlin. Mit 35 Bienenvölkern an zwei Standorten in Kägiswil ist auch er ein überaus aktives Vereinsmitglied. In Obwalden würden derzeit neunzig aktive Züchter über tausend Völker der im Voralpental seit eh und beheimateten dunklen Biene halten. Alles in allem mehr als vier Millionen Bienen, die Apfel- und Birnbäume bestäuben. «Im Lehrbienenstand mit 10 Völkern werden die neuen Imker ausgebildet», sagt Windlin. «Allein 2014 sind es 35 gewesen.» Nun aber seien bei den Hocks die Platzverhältnisse prekär geworden, dazu sei das Dach des Häuschens morsch.

Der Charme soll bleiben

Auf ihr 125-Jahr-Jubiläum hin haben sich nun die Imker ein Herz gefasst: Mit Investitionen von 50 000 Franken wird der Theorieraum um 12 Quadratmeter vergrössert. «So entsteht ein optimaler, quadratischer Schulungsraum», freut sich Windlin. Das Dach wird ganz ersetzt. «Unverändert bleiben soll die bewährte Glasfront, hinter der Lernende und Besucher die Arbeit des Imkers mitverfolgen können», fügt Präsidentin Brigitte von Flüe hinzu. «Wir möchten unbedingt, dass unser Lehrbienenstand seinen Charme nach aussen beibehält.» Der Umbau wird teilweise durch Sponsorengelder finanziert oder einmal mehr in Fronarbeit realisiert. «Wir brauchen die Bienen zum Überleben und den Lehrbienenstand für die Zukunft unseres Vereins», ist Brigitte von Flüe überzeugt. Die Arbeit wurde nun von der WWF-Sektion Unterwalden mit dem Umweltpreis belohnt (Ausgabe vom Freitag). Brigitte von Flüe durfte die Urkunde und einen finanziellen Zustupf an die Erweiterung des Lehrbienenstandes aus der Hand des Sektionspräsidenten Josef Blättler entgegennehmen. «Eure Arbeit ist für unsere Umwelt nachhaltig», lobte Blättler.

Königinnen reisen ins Melchtal

Projektcuo. Das Gebiet Melchtal/Stöckalp ist einer der wichtigsten Standorte für ein grossflächiges Projekt zum Schutz und zur Zucht rassenreiner dunkler Bienen. Dieses Tier ist in unserem Bergland schon seit der Eiszeit heimisch. Betreut wird das Projekt, das sich allerneusten wissenschaftlichen Methoden bedient, vom Verein Schweizerischer Mellifera Bienenfreunde. Zurzeit sind die Wiesen im Melchtal noch verschneit.

Sobald der Bergfrühling einkehrt, werden die Obwaldner Imker aktiv. Sie legen dann kleine Bienenvölker mit eigens dafür gezüchteten Königinnen in Sagex-Kästchen (siehe kleines Bild links) und bringen sie zu den Belegstellen ins Melchtal. «Dort gibt es nur rassenreine Drohnenmännchen. Die werden unsere Königinnen begatten», sagt Inspektor Sepp Windlin. Weil man ausschliesslich rassenreine Bienen haben möchte, nimmt man gar ein paar Drohnen ins Labor, wo mittels einer DNA-Probe ihre Reinheit untersucht wird. >