SKELETON: Rohrer will in Richtung Olympia sausen

Der Sachsler Marco Rohrer (29) will an diesem Wochenende an der WM in Königssee unter die Top 15. Es wäre ein markanter Schritt in die Richtung seines ganz grossen Karriereziels.

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Im Schuss: der Sachsler Marco Rohrer drei Wochen vor der WM in Königssee. (Bild: Kerstin Joensson/Keystone (Innsbruck, 3. Februar 2017))

Im Schuss: der Sachsler Marco Rohrer drei Wochen vor der WM in Königssee. (Bild: Kerstin Joensson/Keystone (Innsbruck, 3. Februar 2017))

Roland Bucher

sport@luzernerzeitung.ch

Es schwingt viel Zuversicht mit, wenn Marco Rohrer, der mit einer bemerkenswerten Bestzeit von 10,94 Sekunden über 100 Meter von der Leichtathletik zum Skeleton mutierte Obwaldner, verrät: «Ich traue mir zu, in Königssee unter die ersten 15 zu rasen. Wenn ich es unter die ersten 20 schaffe, dann ist das auch in Ordnung.» Alles andere geriete emotional eher in die Richtung «Enttäuschung».

Marco Rohrer reizt die Temporasanz, welche der Skeleton im Eiskanal entwickelt, seit einigen Jahren aus, nähert sich zwar nicht in der Eile der Windsbraut, aber doch beharrlich den Besten. «Ich habe fahrerisch deutlich Fortschritte gemacht», erzählt er, «das macht mich für diese Weltmeisterschaft zuversichtlich.» Der Parcours in Königssee sei zwar heimtückisch, weil er gefährliche Passagen beinhalte: «Du machst einen grossen Fehler – und bist weg vom Fenster.»

10000 Franken für den neuen Schlitten

Das Wettkampf-Prozedere verlangt Marco Rohrer alles ab. Nur die 20 Schnellsten nach dem ersten Lauf sind in der Folge weiter dabei, die Entscheidung schliesslich fällt im 4. Durchgang. Dort will er sich hin kämpfen, auf sich aufmerksam machen: «Ein Rang unter den ersten 15 ist gleichbedeutend mit dem Erreichen einer Teillimite für die Olympischen Winterspiele 2018 in Südkorea. Würde ich in einem Jahr ein solches Resultat bestätigen – wäre ich an den Olympischen Spielen dabei.» Dann wäre der Obwaldner ein glücklicher Mann: «Das ist ein ganz grosses Karriereziel.» Und: «Ich glaube daran. Ich spüre, dass ich es schaffen kann.»

In den ersten Rennen dieser Saison hatte Marco Rohrer in den Eiskanälen noch diesen und jenen Schlenker zu viel eingebaut, um auf absolute Topresultate zu kommen. Übermässig irritierend war dies insofern nicht, als die Gründe leicht eruierbar waren: der akribisch an seiner Karriere arbeitende angehende Klimatologe hatte sich den «kleinen Luxus» geleistet, 10000 Franken seines marginalen «Doktoranden-Löhnlis», wie er dies schmunzelnd nennt, in seine grosse Passion zu stecken und sich einen neuen Schlitten inklusive hochkarätiger Kufen geleistet. «Das ist für mich viel Geld», betont er, «aber hungern muss ich jetzt deswegen nicht. Aber ohne Sponsoren wäre diese Anschaffung praktisch unmöglich gewesen.» Und vor allem: Marco Rohrer und sein neuer Untersatz wurden nach einer Abtastphase doch noch gute Freunde: Der Schweizer-Meister-Titel an Silvester, Ränge 12 (St. Moritz) und 13 (Innsbruck) im Weltcup zeugen von einer kleinen, feinen Liebe, die spriesst – und ihre Vollendung, eben ... im Winter 2018 im südkoreanischen Pyeongchang erleben soll. «Bis dahin», erklärt Marco Rohrer, «ist noch eine lange Zeit.»

Die perfekte Fahrt gibt es eigentlich gar nicht

Die ersten Hürden hat er mit seinen starken Vorstellungen in den letzten Wochen übersprungen: «Jetzt folgt die Zeit der Bestätigung.»

So hetzt Rohrer dieser Tage vor der Abreise nach Königssee über die 400-Meter-Bahn, kräftigt mit Sprints seine Muskeln, die den Schlitten vom ersten Schritt an in rasanten Schwung bringen sollen, schwitzt im Kraftraum – und verrichtet viel, viel Denk- und Kopfarbeit. «Es ist meine Pflicht, jede Ecke, jede Kurve dieses Kurses auf den Zentimeter in- und auswendig zu kennen. Nur so hast du eine Chance auf ein starkes Resultat.» Indes: Die perfekte Fahrt gäbe es nie, es sei jedes Mal das Suchen nach kleinsten Sekundenbruchteilen: «Konzentriert auf jeder Fahrt, kleine Abweichungen von der Ideallinie improvisieren zu müssen, das ist die ganz grosse Faszination unserer Sportart.»

Also: die Unmöglichkeit einer perfekten Schussfahrt im Eis­kanal? Wer weiss, vielleicht in einem Jahr in Südkorea.

Königssee (GER). WM. Programm. Freitag, 11.00: Skeleton Männer (1. und 2. Lauf). – 15.00: Skeleton Frauen (1. und 2. Lauf).

Samstag, 8.30: Skeleton Frauen (3. und ­ 4. Lauf).

Sonntag, 8.30: Skeleton Männer (3. Lauf). – 15.30: Skeleton Männer (4. Lauf).