Warum die Wiler ihren Dorfplatz selber planen

Es ist wohl eine der seltsamsten Planungsgeschichten Obwaldens: Weil gegen ein teures Siegerprojekt Opposition aufkam, planten die Wiler ihren nunmehr 800'000 Franken teuren Dorfplatz gleich selber.

Romano Cuonz
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So soll sich der Dorfplatz in Wilen mit der Kapelle dereinst präsentieren. (Visualisierung: PD)

So soll sich der Dorfplatz in Wilen mit der Kapelle dereinst präsentieren. (Visualisierung: PD)

«Es war einmal ein Wettbewerb und das Siegerprojekt einer bekannten Obwaldner Künstlerin, die mit ihrem Team um die Wiler Dorfkapelle eine Mauerskulptur errichten wollte ...». Mit dieser alten Märchenformel könnte man eine der seltsamsten Planungsgeschichten von alles in allem über zehn Jahren beginnen. Und – wie es halt in Märchen so ist – kam dabei alles anders heraus, als es sich die Jury und der damalige Gemeinderat gedacht hatten.

Rückblende: 2008 begannen die Planungsarbeiten für die Überbauung der Chappelenmatt («Sun Wilen»). Ein Jahr darauf folgte ein Kunstwettbewerb mit einer Obwaldner Künstlerin als klarer Siegerin. «Schon an der Informationsveranstaltung aber herrschte damals eine dezidiert ablehnende Haltung dagegen», erinnert sich die Sarner Gemeinderätin Anna Kathriner. Die Anwesenden hätten deutlich gemacht, dass sie über einen neuen Dorfplatz mitbestimmen und ihn mitgestalten wollten. «Das ist doch unser Dorfplatz», votierten damals erzürnte Bürger. So traktandierte der Gemeinderat das beinahe 2-Millionen-Franken-Geschäft kurzerhand ab. Es ging zurück auf Feld 1.

Einzigartiges Werkstattverfahren

«Nach diesen Erfahrungen führten wir zwischen 2015 und 2016 mit 24 Freiwilligen drei ausgiebige Werkstattgespräche durch», berichtete Anna Kathriner an einer Infoveranstaltung für die Sarner Parteien. Die «Laien» seien durch vier Planer begleitet worden. Auf diese Weise habe man den Puls der Bevölkerung gefühlt und ihre Wünsche in Sachen Nutzung und Gestaltung des Dorfplatzes um die Kapelle in direkter Demokratie in die Planung aufgenommen. Nur aufgrund der so erarbeiteten Vorschläge wurden im Juli 2017 die weiteren Planungsarbeiten ausgeschrieben. Den Auftrag vergab der Gemeinderat schliesslich an Ralph Bulgheroni aus Alpnachstad. Doch selbst bei der Erarbeitung des Vorprojekts war nochmals eine Gruppe aus dem Werkstattverfahren begleitend dabei! Alle guten Ideen wurden aufgenommen und zu einem neuen Projekt zusammengefügt.

Der Dorfplatz im Ist-Zustand. (Bild: Romano Cuonz (Wilen, 11. Oktober 2018))

Der Dorfplatz im Ist-Zustand. (Bild: Romano Cuonz (Wilen, 11. Oktober 2018))

Weil die Wilerinnen und Wiler keine allzu grossen Eingriffe in die Umgebung ihrer St.-Michaels-Kapelle wünschen, kann das von ihnen mitgestaltete Dorfplatzprojekt für 800'000 Franken realisiert werden. Zur Erinnerung: Das seinerzeit abtraktandierte Kreditbegehren belief sich noch auf 1,42 Millionen für den Dorfplatz und 500'000 Franken für die Strassensanierung.

Gubersteine für die neuen Vorplätze

Wie wird der Dorfplatz gestaltet, wenn die Gemeindeversammlung am 6. November zustimmt? Die Kapelle bleibt in ihrer grünen Umgebung eingebettet. Durch einen Platz mit Sitzgelegenheiten, einen Brunnen und zusätzlichen – wie Anna Kathriner betont – «einheimischen» Bäumen und Büschen wird die Grünanlage aufgewertet. «Eine rollstuhltaugliche Erschliessung durch einen neuen Weg zum Vorplatz der Kapelle war ein Muss», sagt die Gemeinderätin. Auf der Höhe der Kapelle entstehe so ein ruhiger, neuer Aufenthaltsort, der allen offen stehe. Der Brunnen wird in Beton erstellt und verweist mit Inschriften auf die Flurnamen von Wilen. Dazu kommen weitere Sitzgelegenheiten bei der Kapelle und auf Strassenniveau. Die Wiese um die Kapelle soll als blumenreiche, ökologische Fläche erscheinen. Ganz neu: Die heute wenig einladenden Vorplätze werden – auf den ausdrücklichen Wunsch der am Werkstattverfahren Beteiligten – neu mit einheimischem Guberstein gepflästert.

Bachsperren sind morsch

An der Gemeindeversammlung haben die Sarner Stimmbürger auch über einen Kredit von 660'000 Franken für die Verbesserung des Hochwasserschutzes im Bitzighoferbach zu befinden. Gemeinderat Peter Seiler: «Die 1997 nach einem Unwetter errichteten Holzkastensperren können ihre Funktion als Sohlen- und Ufersicherung heute nur noch bedingt wahrnehmen.» Man werde die morschen Sperren abbrechen und durch zwei in Beton versetzten Blockrampen mit Natursteinblöcken ersetzen. In diesem Zusammenhang wird gleich auch der Gewässerraum ausgeschieden und 30 Tage öffentlich aufgelegt. An die Kosten erwartet die Gemeinde von Bund und Kanton Beiträge von 65 Prozent, sodass ihr noch 197'700 Franken verbleiben.
Ein weiteres Traktandum, zu der Gemeinderat wohl noch einige Fragen beantworten muss, betrifft die Zuständigkeit für die Aufnahme von Ausländern ins Gemeindebürgerrecht. Diese soll künftig dem Gemeinderat überlassen werden. So oder so: Am 6. November haben die Einwohner nochmals die Möglichkeit, gleich vier «neue» Sarnerinnen und Sarner persönlich in ihr Bürgerrecht aufzunehmen. (cuo)

Gemeindeversammlung Sarnen: Dienstag, 6. November, 19.30 Uhr, Aula Cher.